Nonnas Pantoffeln – Tod auf Lukanisch

«Ich friere. Ihr habt vergessen, mir meine Lieblingsjacke in den Sarg zu legen.» … «Aber keine Sorge: Morgen wird Giovanni sterben; gebt ihm die Jacke mit.» – Schweissgebadet, schwer atmend schreckt Margherita auf. Was für ein Traum. Annunziata ist gestern beerdigt worden. Eingemauert in einer Wand voller Grabnischen. Margheritas Mann dreht sich im Bett. «Was … Weiterlesen Nonnas Pantoffeln – Tod auf Lukanisch

Die Tarantella – Tanz mit Leidenschaft und gutem Gewissen

Ein ausgestossener Ton, den man nicht verschriftlichen kann, dafür umso amüsanter das Bild: Ich erinnere mich, wie meine Mutter – wie von der Tarantel gestochen – bei einem Waldspaziergang in der Nähe von Pomarico einen erstaunlich sportlichen Satz machte, vom einen zum anderen Wegesrand, mit den Armen fuchtelnd. – Eine Schlange! Prolog Ich habe zwar … Weiterlesen Die Tarantella – Tanz mit Leidenschaft und gutem Gewissen

«Basta che si sta bene» – Hymnen an die Basilicata und Oden an den Reichtum der Genügsamkeit

«Basta che si sta bene.» – «Hauptsache, es geht einem gut.» Die zierliche, kaum 1,50 Meter grosse Frau in schwarzem Gewand (die übliche Tracht der Witwen, die bis vor kurzem praktisch alle Frauen trugen), streicht sich über das von Falten zerfurchte Gesicht und schaut in die Ferne. Sie sagt es immer wieder, als ob sie … Weiterlesen «Basta che si sta bene» – Hymnen an die Basilicata und Oden an den Reichtum der Genügsamkeit

Mystische Begegnungen und Erfahrungen: Die Hochzeit der Bäume

Kürzlich habe ich gelesen, dass seit 2013 in verschiedenen südamerikanischen Ländern Hochzeiten zwischen Menschen und Bäumen gefeiert werden; die Aktion wurde von einem Schauspieler angeregt, der selbst bereits in Polygamie mit mehreren Bäumen lebt, und hat einen ernsten Hintergrund: Mit diesen Feiern sollte ein Zeichen gegen die fortschreitende und vor allem illegale Abholzung gesetzt werden.[1] … Weiterlesen Mystische Begegnungen und Erfahrungen: Die Hochzeit der Bäume

Wo ist Chitaridd? – Banditen, Räuber, Sozialrebellen und Lukaniens letzter Brigant

«Wer ist das?» – Wir stehen an einem Stand eines jungen Verkäufers in den Sassi von Matera. Christus nimmt neugierig eines der schwarzen T-Shirts in die Hand und mustert die darauf abgedruckte Person. «Chitaridd», antwortet der junge Verkäufer, «der letzte Brigant.» – «Unser Brigant», fügt ein anderer augenzwinkernd hinzu, und schon nähern sich Personen, die … Weiterlesen Wo ist Chitaridd? – Banditen, Räuber, Sozialrebellen und Lukaniens letzter Brigant

«Amara terra» – Bittere Wahrheiten

«Amara terra mia, amara e bella» – Domenico Modugnos Stimme klingt aus dem Lautsprecher. Einige Gäste blicken andächtig auf und lassen sich von den Klängen für einen Moment ergreifen. Die italienische Version dessen, was wir als Schlager bezeichnen, ist im Süden vielleicht noch etwas mehr als das: Es ist die vertonte Volksseele und die Klänge … Weiterlesen «Amara terra» – Bittere Wahrheiten

Von Last- und anderen Tieren

Still, nachdenklich, traurig – vom Leben gezeichnet. Ein kleiner Mann aus Bronze mit typischen Gesichtszügen sitzt auf der Piazza Veneto in Matera. «Worauf wartet er?», fragt Christus – «Soweit ich weiss, soll die Figur das Gedenken der Stadt an die Herkunft aus der ländlichen Gesellschaft in Ehren halten[1]», antworte ich. «Das harte und entbehrungsreiche Leben, … Weiterlesen Von Last- und anderen Tieren

«Jenes Dorf» – Zauberhafter Aberglaube

Hand aufs Herz: Jeder, jede von uns hat schon jemanden dahin schicken wollen, wo der Pfeffer wächst. Ich habe als Kind einmal gefragt, wo denn das sei. Ich habe nur eine hilflose, aber abschätzige Handbewegung geerntet. Dieses Pfefferland muss wohl weit weg sein. – Auf Italienisch heisst diese Redewendung «mandare qualcuno a quel paese»: jemanden … Weiterlesen «Jenes Dorf» – Zauberhafter Aberglaube

Am Anfang war der Fluch

«Tammisiegegoffetammi»! – Es hat mich schon immer fasziniert, was dem Menschen im Affekt über die Lippen kommt. Man meint, den bisweilen durchaus poetischen «seelischen Stuhlgang» kann man nur in der Muttersprache verrichten. Weit gefehlt: «Tammisiegegoffetammi». Mein Vater, Schuhmacher, schlägt sich mit dem Hammer auf den Daumen. Ich muss in solchen Momenten schmunzeln. Für mich ein … Weiterlesen Am Anfang war der Fluch